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Stand: 01.09.2025 Autor: Alexander Kohl

Abstrakte Verweisung in der BU: Ein Überblick

Zunächst einmal die gute Nachricht: die abstrakte Verweisung spielt heute nicht mehr eine so große Rolle. Dies gilt für die Versicherungsverträge genau so für die Leistungsfälle. Dennoch gilt sie zu beachten. Die abstrakte Verweisung ist ein Fachbegriff, der in der Welt der Berufsunfähigkeitsversicherungen trotzdem immer wieder auftaucht. Obwohl sie in den meisten modernen Verträgen kaum noch eine Rolle spielt, ist sie für Dich als Versicherungsnehmer wichtig, denn sie kann im Leistungsfall den entscheidenden Unterschied machen. Hier erfährst Du, was diese Klausel genau bedeutet und worauf du bei deinem Vertrag achten solltest.

Was ist die abstrakte Verweisung, wie wird sie definiert?

Die abstrakte Verweisung ist ein juristisches Instrument innerhalb der Berufsunfähigkeitsversicherung, das es Versicherern erlaubt, im Leistungsfall auf eine alternative Tätigkeit zu verweisen – und zwar auf eine, die die betroffene Person rein theoretisch noch ausüben könnte. Entscheidend dabei: Es spielt keine Rolle, ob diese Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird oder ob es überhaupt realistische Chancen gibt, sie zu bekommen.

Ein anschauliches Beispiel: Ein Chirurg kann seine operativen Aufgaben aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen. Der Versicherer könnte dennoch behaupten, er sei weiterhin als medizinischer Gutachter einsetzbar – obwohl er diesen Beruf nie ausgeübt, vielleicht nicht einmal näher kennengelernt hat.

Beispiel für eine abstrakte Verweisung

Berufsunfähig im Sinne der Bedingungen ist … und keine andere Tätigkeit ausüben kann.“

Wichtig ist hier „ausüben kann“. Dieser Konjunktiv, die Möglichkeitsform, beinhaltet die abstrakte Verweisung. Der Versicherer kann darauf verweisen, dass der Versicherte noch einen Beruf ausüben könnte. Er muss diesen nicht ausüben, es genügt, wenn er ihn ausüben  könnte.

Jedoch wird dieses Verweisungsrecht in vielen Versicherungsbedingungen zugunsten des Versicherten wieder eingeschränkt. Meist kommt noch die „bisherige Lebensstellung“ hinzu. Dies bedeutet nach Rechtsprechung, dass in der neuen Tätigkeit mindestens 80 % des bisherigen Einkommens verdient werden müsste.

Wie sollte der Verzicht auf abstrakte Verweisung im BU-Vertrag geregelt sein?

Ganz einfach: Der Versicherer sollte ausdrücklich auf die abstrakte Verweisung in den Versicherungsbedingungen verzichten. Dies konkret so in seine Bedingungen schreiben. „Wir verzichten auf die abstrakte Verweisung“. Das ist die verbraucherfreundliche Regelung. Andere Formulierungen sind heute nicht mehr zeitgemäß.

Exkurs: Die konkrete Verweisung

Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung ist die konkrete Verweisung Standard in den Versicherungsbedingungen. 

Was ist der Unterschied zwischen abstrakten und der konkreten Verweisung? 

Bei der konkreten Verweisung kann der Versicherer auf eine Tätigkeit verweisen, die Du bereits ausübst. Wenn Du die Tätigkeit also nicht abstrakt ausüben könntest, sondern bereits konkret ausübst, also damit bereits Geld verdienst. 

Nun gut, wie sieht es aber mit dem Verdienst aus? Kann der Versicherer die Zahlung der BU Rente schon einstellen wenn Du beispielsweise erst in einer Halbtagstätigkeit bist? Nein hier kommt es auf einen weiteren Punkt in den Versicherungsbedingungen an. Die schränken eine Verweisung durch den Versicherer wieder ein durch den Wortlaut “ soziale Stellung“. In zahlreichen Gerichtsentscheidungen wurde aus der „sozialen Stellung“ 80% des bisherigen Verdienstes. Dies bedeutet also wenn Du?

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt in den Bedingungen ist, dass die Verweisung auf die ausgeübte Tätigkeit nur dann stattfinden kann, wenn Du 80 % Deines zuvor erzielten Einkommens erhalten. Hier ist dann auch kein Versicherungsschutz mehr durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung notwendig. 

Es gibt wenige Versicherer die hier, bei der konkreten Verweisung, trotzdem zahlen. Also selbst, wenn Sie über 80 % Ihres bisherigen Einkommens erhalten. Dann stellt sich aber folgende Fragen: Ist das notwendig? 

Wenn jemand wieder sein Einkommen, zumindest 80 %, verdienen, dann hat er meist genug Geld für seinen Lebensunterhalt. Wenn hier die Berufsunfähigkeitsversicherung weiter zahlen würde, müssten das von allen im versicherten Tarif aufgebracht werden. Eine nicht notwendige Leistungen, die für alle die Berufsunfähigkeitsversicherung verteuern würde.

Wenn Sie einen Vertrag haben, der eine abstrakte Verweisung enthält

Einen alten Vertrag zu kündigen, weil er eine abstrakte Verweisung enthält, sollte nicht voreilig gemacht werden. Kündigung sowieso nur, wenn ein neuer Versicherungsschutz besteht. 

Vielleicht ist der alte Versicherungsschutz sehr günstig oder Sie haben Erkrankungen, die einen neuen Vertrag nur mit Ausschlüssen möglich machen oder ein neuer Vertrag sogar unmöglich. Dann sollte natürlich der alte Vertrag erhalten bleiben. Vielleicht hilft hier ein zweiter Vertrag. Aber die fehlende abstrakte Verweisung ist meist nicht der Grund, eine bestehende Versicherung zu kündigen. Oft ist es ein zu geringes Endalter oder eine Kombination aus vielen Versicherungsbedingungen, die es heute am Markt viel besser gibt.

Rufen Sie uns an, wir überprüfen gerne Ihren Versicherungsvertrag, ob eine abstrakte Verweisung enthalten ist und ob es andere Optimierungsmöglichkeiten gibt. In nicht seltenen Fällen gibt es einen wesentlich besseren Versicherungsschutz sogar auch günstiger.