Stand: 24.10.2023 Autor: Alexander Kohl
In der Berufsunfähigkeitsversicherung gibt es zwei Verweisungsmöglichkeiten, die abstrakte und die konkrete Verweisung. Hier geht es um die konkrete Verweisung. Die abstrakte Verweisung habe ich hier behandelt.
Durch die konkrete Verweisung hat der Versicherer die Möglichkeit, eine BU-Leistung einzustellen, mit dem zutreffenden Hinweis auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung, musst Du bei der konkreten Verweisung also bereits „wieder in Lohn und Brot“ sein, während bei der abstrakte Verweisung eine theoretisch mögliche Tätigkeit, die ausgeübt werden könnte, ausreicht.
Die konkrete Verweisung ist grundsätzlich meistens wie folgt formuliert: der Versicherte ist nicht mehr berufsunfähig, wenn er tatsächlich (konkret) eine Tätigkeit ausübt, die seiner Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung entsprechen. Auch der Begriff der „sozialen Anerkennung“ ist in den Bedingungen zu finden. Jedoch sollte man hier gesellschaftliche Entwicklung berücksichtigen, im Grunde ist ja jeder wichtig. Eine Abwertung eines Berufes kann auch in der Rechtsprechung dadurch schwierig werden. Also gegebenenfalls mindestens ein künftiges Problem.
Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung, geht es hier darum, dass nicht eine Tätigkeit ausgeübt werden könnte, sondern tatsächlich ausgeübt wird. Voraussetzung für eine Einstellung der BU Rente durch den Versicherer ist zusätzlich, dass zusätzlich diese ausgeübte Tätigkeit der Ausbildung, der Erfahrung und der Lebensstellung entsprechen muss.
Bei Ausbildung und Erfahrung würde ich mir in einem Leistungsfall nicht fehlen Hoffnung setzen. Denn die Beweislast trifft hier den Versicherungsnehmer, so der Bundesgerichtshof 1999. Es heißt Ausbildung und Erfahrung. Gerade der Begriff Erfahrung es Dir sehr schwammig. In der sehr dynamischen Arbeitswelt trifft dies meines Erachtens auch für den Begriff der Ausbildung zu.
Jedoch hat sich aus dem Begriff der Lebensstellung mittlerweile konkretisiert. Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren in sehr vielen, teils höchstrichterlichen Urteilen ein 20-prozentiger Abzug des bisherigen Einkommens als zumutbar festgestellt.
In seiner Entscheidung vom 26.06.2019 (BGH, Urteil vom 26.06.2019 – IV ZR 19/18) hat er BGH, der Bundesgerichtshof, jedoch noch mal festgestellt, dass die 20-%-Grenze aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht als absolut gebetet werden kann.
Deshalb haben viele gute Versicherer heute auch in Ihren Bedingungen stehen, dass eine Verweisung auf eine andere tatsächlich ausgeübte Tätigkeit höchstens mit einer Einbuße von 20 % durchgeführt werden kann.
Achte in den Bedingungen darauf, dass der Versicherer die Einkommenseinbußen um 20 %, klar in den Bedingungen äußert. Dies könnte in etwa so aussehen
„Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen liegt nicht mehr vor, wenn das jährliche Bruttoeinkommen mehr als 80 % des Bruttoeinkommens des zuletzt ausüben Berufes beträgt“ oder „eine Verweisung nehmen wir nicht vor, ausgeübte Tätigkeit mit einer unzumutbaren Reduzierung des jährlichen Bruttoeinkommens verbunden ist. Eine Reduzierung von 20 % oder mehr ist unzumutbar im Sinne dieser Bedingungen.“
Ja, es gibt einige wenige Bedingungen, in denen Versicherer auf die konkrete Verweisung verzichten.
Der Versicherer zahlt also die BU-Rente weiter, obwohl der Versicherte bereits wieder arbeitet und ein Einkommen zumindest fast in gleicher Höhe wie zuvor hat.
Diese Klauseln sind sehr genau zu beachten. Zum einen heben die Versicherer in der Nachprüfung einer Berufsunfähigkeit diese Klausel wieder auf. Ein Unding, aber ist so. Zum anderen ist es an Altersgrenzen festgemacht.
Du solltest Dich jedoch grundsätzlich fragen, ob Du es tatsächlich für richtig hältst, wenn Leistungen aus einer Versicherung trotz Einkommens geleitest werden. Warum? Deine Berufsunfähigkeitsversicherung dient dazu, starke finanzielle Einbußen beim Verlust der Arbeitskraft abzusichern. Wenn dies durch Einkommen nicht mehr notwendig ist, solltest Du die Frage stellen, ob trotzdem Leistung bezahlt werden müssen aus diesem Tarif. Es geht hier um die Beitragsstabilität.
Der Versicherer sollte unbedingt auf die abstrakte Verweisung verzichten. Andererseits solltest Du Dir gut überlegen, ob Du tatsächlich einen Tarif haben willst, bei dem auch auf die konkrete Verweisung verzichtet wird. Diese Tarife treten selten auf. Es gibt viele andere wesentlich wichtigere Bedingungspunkte, auf die Du achten solltest.
Auch die Qualität des Versicherers sollte neben den Versicherungsbedingungen für Dich gegebenenfalls eine größere Rolle spielen. Konzentriere Dich deshalb besser auf wichtigere Punkte in Deiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Auch den Mehraufwand, den Du für den Verzicht auf die konkrete Verweisung bezahlst, ist sicherlich besser in eine höhere Berufsunfähigkeitsrente investiert.
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