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Stand: 22.08.2023 Autor: Alexander Kohl

Privathaftpflicht: Eltern haften für Ihre Kinder - stimmt das?

Inhaltsverzeichnis

Eltern haften für Ihre Kinder“: was stimmt daran, was musst Du dazu beachten?

Die bekannte Redewendung “Eltern haften für Ihre Kinder“ ist längst zu einem allgemeinen Sprichwort geworden. Die Schilder, die auf diesen vermeintlich rechtlichen Sachverhalt hinweisen, sieht man überall. Jedoch ist die Frage, stimmt das überhaupt? Stimmt diese generelle Aussage und ist sie rechtlich haltbar?

Schadensersatzpflicht nach § 823 BGB

Die Schadensersatzpflicht wird generell in Paragraf 823 BGB geregelt. Demnach muss jeder, der einem anderen einen Schaden zufügt, grundsätzlich Schadensersatz leisten.

Für Minderjährige sieht das Zivilrecht eine besondere Lösung vor. Nach Paragraf 828 BGB sind Kinder unter 7 Jahre für Schäden, diese verursachen, überhaupt nicht verantwortlich, §828 I BGB. Generell gilt für Kinder zwischen dem 7. und im 18. Lebensjahr die Einsichtsfähigkeit als Grundlage dafür, ob Schadensersatz geleistet werden muss.

Dies war z. B. 1994 der Fall, als zwei 14-Jährige für eine fahrlässige Brandstiftung beim Brand der St. Canisius-Kirche verantwortlich gemacht wurden. Der Versicherer der Kirchengemeinde verzichtete damals auf Regressansprüche der Eltern. Der Schaden war in zweistelliger Millionenhöhe über der Deckungssumme der Privathaftpflicht der Eltern. Die Versicherungsgesellschaft erklärte, sie wurde den beachtlichen Schaden zumindest mal für die betroffene Familie begrenzen. Details dazu kannst Du gerne hier nachlesen. Den Fall kannst Du hier nachlesen.

Sind die Eltern damit also fast immer aus der Haftung?

Natürlich nicht. Eltern haften nicht direkt für das Handeln Ihrer Kinder, sie haften für die Verletzung der Aufsichtspflicht.

Was ist die Aufsichtspflichtverletzung?

Die Haftung aus Verletzung der Aufsichtspflicht ist in Paragraf 832 BGB geregelt. Danach haftet derjenige, der die Aufsichtspflicht hat, für einen Schaden des Minderjährigen. In der Regelung heißt es, die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seine Aufsichtspflicht nachkommt oder der Schaden wäre auch bei ordnungsgemäßer Aufsichtsführung entstanden..

Was bedeutet das aber jetzt im konkreten Fall?

Hier gibt es eine unübersichtliche Vielzahl von Entscheidungen. Eine eindeutige Handlungsanweisung kann es nicht geben. Es kommt hier immer wieder auf den Einzelfall an. Eine Aussage, wenn man sein Kind so viel Minuten oder Stunden nicht beaufsichtigt, löst eine Haftung aus, ist nicht möglich. Generell kann gesagt werden, dass die Rechtsprechung hier einen Freiraum der Aufsichtspflichtigen, etwa der Eltern oder Großeltern lässt.

Mutter haftet für zweijährigen Unfallverursacher gegenüber Ihrer Mutter

Es gibt jedoch auch immer wieder andere Urteile. Einen interessanteren Fall hatte das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem Urteil 2023 entschieden. Das Urteil kannst Du hier nachlesen. Mutter setzte Ihren zweieinhalbjährigen Sohn auf den Beifahrersitz, schnallte ihn nicht an und ging nochmals ins Haus. Der kleine Junge krabbelte aus dem Kindersitz und nahm den Schlüssel, den die Mutter auf dem Armaturenbrett liegen lassen hatte. Er startete den Wagen. Das Auto machte einen Satz nach vorn und verletzte die Großmutter des Kindes, die vor dem Auto auf einer Bank saß. Die Großmutter liegt schwere Verletzung an den Knien und musste umfangreich im Krankenhaus behandelt werden. Die Krankenkasse der Großmutter verlangte für die entstandenen Kosten von der Mutter des Zweieinhalbjährigen Schadenersatz. Das Landgericht Osnabrück wies zunächst die Klage der Krankenkasse ab. Mit dieser außergewöhnlichen Kausalkette, dass ein Kind von zweieinhalb Jahren aus dem Kindersitz steigt, den Autoschlüssel nimmt und den Wagen startet, hätte ein umsichtiger Elternteil nicht rechnen müssen. Die Krankenkasse ging darauf in die Berufung und hatte vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Das Oberlandesgericht argumentierte, dass die Mutter eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen hat. Unter anderem argumentierte das Gericht, dass kleine Kinder erfahrungsgemäß gerne nach Schlüsseln greifen. Es geht jetzt hier natürlich nicht um die Diskussion, wie das Urteil zu bewerten ist. Es wurde gefällt und eine Haftung aufgrund der Aussichtspflichtverletzung wurde bejaht.

Aufsichtspflichtverletzung, wie hilft die Privathaftpflichtversicherung weiter?

Es ist wichtig zu betonen, dass die Haftung der Eltern nicht bedeuten soll, Ihre Kinder ständig überwachen und kontrollieren zu müssen. Bei Schäden kommt es aber immer wieder zur Frage, ob eine Aussichtspflichtverletzung vorliegt oder nicht. Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Eltern Ihre Aufsichtspflicht angemessen erfüllt haben, entsteht somit nach den hier genannten Regelungen grundsätzlich keine Haftung. Falls eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt, ist eine Haftung gegeben. Dies muss im Einzelfall geklärt werden. Konnten die Eltern damit rechnen? Wie hat es sich vorher in solchen Situationen verhalten? War die Zeit zwischen der Aufsicht angemessen? Diese Punkte müssen notfalls vor Gericht geklärt werden. Hier hilft die zweite Funktion der privaten Haftpflichtversicherung: die Abwehr unberechtigter Ansprüche.
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Tipp: Achte auf die Klausel in der Privathaftpflicht für deliktunfähige Kinder

Wie oben beschrieben, sind Kinder unter 7 Jahre nach Paragraf 828 für Schäden, die sie verursachen, nicht verantwortlich. Dies hat der Gesetzgeber so eingeführt, da die Gesellschaft es hinnehmen muss, dass Schäden durch Kleinkinder verursacht werden. Auch wenn keine Pflicht zum Schadenersatz besteht, kann so ein Schaden, den das Kleinkind verursacht hat, sehr unangenehm sein. Wenn Du die Aussichtspflicht nicht verletzt hast und Dein Kind unter sieben Jahre beispielsweise bei einem Nachbarn mit einem Schlüssel über das Auto kratzt, willst Du möglicherweise den Schaden aus eigener Tasche bezahlen. Dies, obwohl Du nicht zum Schadensersatz verpflichtet bist. Wir nehmen hier mal an, dass die Aufsichtspflicht nicht verletzt wurde. Hier hilft die Klausel Deliktunfähigkeit. Der Versicherer zahlt in diesen Fällen, obwohl keine Schadensersatzpflicht besteht. Beachte allerdings, dass die Versicherer diese Klausel oft durch extra benannte Höchstleistung beschränkt. Diese sollte nicht zu niedrig gewählt werden.

Fazit:

Eltern haften nicht grundsätzlich für Ihre Kinder. Eine private Haftpflichtversicherung sollte für jeden als Versicherungsschutz (neben Berufsunfähigkeitsversicherung) an erster Stelle stehen. Dies gilt selbstverständlich auch für Singles.

Bildnachweis: Schild miket/stock.adobe.com/Gesetztestext: N.Theiss/stock.adobe.com

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